#3 Wie das Herz wieder offen wird und gute Beziehungen gelingen

Shownotes

Titel: Wie das Herz wieder offen wird und gute Beziehungen gelingen Gast: Dr. med. Jochen von Wahlert, ärztlicher Direktor der Psychosomatischen Privatklinik Bad Grönenbach Moderatorin: Marlen Buckner

In dieser Folge erfährst du:

Warum die ersten Lebensjahre so entscheidend für unsere Beziehungsfähigkeit sind Wie Traumata über Generationen hinweg weitergegeben werden – und warum Heilung trotzdem möglich ist Was es bedeutet, das Herz zu öffnen und "Herzensbildung" zu kultivieren Wie wir alte Muster durchbrechen und gesunde Beziehungen aufbauen können – privat und beruflich Warum es ein Zeichen von Stärke ist, sich in Krisen Hilfe zu holen Highlights:

[00:03:50] Was bedeutet Psychosomatik – und wie hängen Körper und Seele zusammen? [00:06:15] Transgenerationale Traumata: Wie Erlebnisse unserer Vorfahren uns prägen [00:09:30] "Herzensbildung": Wie wir Misstrauen und Verbitterung überwinden können [00:17:10] Die Bedeutung der ersten Lebensjahre für sichere Bindungen [00:28:40] Beziehungen im Beruf: Warum Mitgefühl und Vertrauen entscheidend sind Über unseren Gast:

Dr. Jochen von Wahlert ist ärztlicher Direktor der Psychosomatischen Privatklinik Bad Grönenbach. Mit seiner langjährigen Erfahrung in der psychosomatischen Medizin unterstützt er Menschen dabei, aus Krisen gestärkt hervorzugehen, alte Verletzungen zu heilen und wieder Vertrauen in sich selbst und andere zu finden.

Links und Ressourcen:

Psychosomatische Privatklinik Bad Grönenbach: https://ahorn-bg.de/

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Musik: Free Music Archive / Sense - Sergey Cheremisinov

Transkript anzeigen

00:00:01: Hallo und herzlich willkommen

00:00:03: zu

00:00:03: einer neuen Folge von SZ Media Bayern.

00:00:06: Ich bin Marlene Bruckner und anderthalb Stunden zu meinem heutigen Gast angefahren von München, nämlich nach Bad Grünenbach.

00:00:13: Ich bin heute in der psychosomatischen Privatklinik Bad Grünenbach und ich hatte etwas Zeit und konnte mir die Gegend anschauen.

00:00:20: Bin schon ein bisschen herumspaziert, bin hochgegangen zum Schloss Grünenbach, da ist auch ein kleiner Kräutergarten.

00:00:26: Es ist sehr idyllisch und das Erste, was auffällt, ist die wahnsinnige Ruhe.

00:00:31: Es ist sehr still, es ist wirklich... ein Ort, wo man die Genannten fließen lassen kann.

00:00:37: Und genau darüber, über die seelische Gesundheit, möchte ich heute sprechen mit meinem Gastdoktor Mediochen von Walert.

00:00:44: Hallo.

00:00:45: Ich grüße Sie.

00:00:46: Sie sind ärztlicher Direktor und Geschäftsführer der psychosomatischen Privatklinik Bad Grünenbach und als erstes würde ich Sie gerne mal fragen, wer sind Sie, was machen Sie und wie kommen Sie zu dem, was Sie heute tun?

00:00:58: Vielen Dank, freut mich, dass wir zusammen diesen Podcast aufnehmen.

00:01:03: Ich habe vor etwas mehr als zehn Jahren eine Klinik hier in diesem schönen Ort aufbauen dürfen für psychosomatische Medizin, in der wir eine sehr intensive, sehr individuelle Behandlung für Menschenanbieten, die in die Krise geraten sind.

00:01:20: Sehr intensiv und sehr individuell.

00:01:22: Deswegen, weil ich den Eindruck hatte, wir brauchen Orte, an denen sich Menschen zum einen zurückziehen können und mal anhalten können, mal eine kleine Pause einlegen können, um über sich nachzudenken und um mit den Krisen, mit den Belastungen, mit den Schwierigkeiten.

00:01:44: mit den Konflikten, die gerade so akut geworden sind, um mit denen einen Umgang zu finden.

00:01:49: Die psychosomatische Medizin behandelt also Menschen mit psychischen Erkrankungen sozusagen all das, was nicht unbedingt in der Psychiatrie behandelt werden muss.

00:02:00: Weil sie müssen sich vorstellen, eine Klinik wie unsere hat mit Psychiatrie gar nichts zu tun oder wenig zu tun.

00:02:07: Wir haben vier verschiedene Häuser, in denen wir Betten haben.

00:02:11: Das hat eher Hotelkarten.

00:02:14: die Menschen können den Ort erkunden, können die Natur erkunden.

00:02:18: Sie müssen sich nicht abmelden.

00:02:21: Sie sind hier sozusagen frei.

00:02:23: Aber wir haben selbstverständlich eine ständige ärztliche Präsenz, selbstverständlich eine ständige Präsenz vom Pflegepersonal von Menschen, an die wir sich wenden können.

00:02:33: Aber ansonsten ist der Charakter eher der, dass sie eine Auszeit nehmen.

00:02:38: um eine intensive Unterstützung, eine intensive Begleitung, eine intensive Behandlung zu bekommen für die Krise, die sich durch eine ambulante Behandlung nicht bewältigen lässt.

00:02:50: Es kommen also Menschen, die so in Not geraten sind, dass sie selber sich nicht mehr aus dem Sumpf ziehen können und auch die Lebenspartner oft überfordert sind.

00:03:02: Klammer auf, manchmal sind es ja auch die Krisen mit den Lebenspartnern,

00:03:05: die in die Füße

00:03:07: führen.

00:03:08: Beziehungsweise interessanterweise bei diesen Burnout Phänomen ist es oft so, dass es Menschen trifft, die beruflich in der chronischen Überlastung stehen und gleichzeitig dann keine privaten Ressourcen mehr zur Verfügung haben.

00:03:21: Also wo die nicht nach Hause kommen und sich entspannen können, weil da irgendwie Arme auf sie warten, die sie mal drücken, die vielleicht nicht ruhig schlafen können, die möglicherweise... auch durch Beziehungen, die in die Brüche gegangen sind, gar niemanden mehr haben, die vielleicht ihren Freundeskreis vernachlässigt haben, sodass sie auch nicht mal kurz jemand anrufen können und sich aus dem Bier verabreden.

00:03:46: Jetzt ist ja das Wort Psychosomatik.

00:03:48: Da geht es ja um die Verbindung zwischen Körper und Geist.

00:03:51: Ist das richtig?

00:03:51: Also der Begriff wird in verschiedenen Bedeutungen verwandt.

00:03:55: Im engeren Sinne ist es genau das, nämlich dass es körperliche Erkrankungen bezeichnet, die durch viele Schuhe.

00:04:03: Ursachen verursacht werden.

00:04:05: In der Praxis ist es aber nur ein kleinerer Teil von dem Menschen, die wir behandeln.

00:04:10: Aber das wären zum Beispiel welche, die Schmerzstörungen haben, die jetzt nicht erklärbar sind durch den Entzündungsprozess oder durch den Unfall oder den sonstigen Lesionen im Körper oder auch Ausfälle von bestimmten Funktionen im Körper, die eben auch nicht erklärbar sind.

00:04:26: Der Großteil der Patienten kommt aber mit Depressionen, mit Angststörungen, mit Krisen psychisch.

00:04:33: mit Zangsstörungen, manche mit Essstörungen, all das, was Menschen leider Gottes entwickeln können in Form einer psychischen Erkrankung.

00:04:43: Und wer viel davon hat seine Ursache entweder in einer chronischen Stressbelastung, einer chronischen Überlastung oder aber auch in Traumatisierungen, die stattgefunden haben.

00:04:57: Trauma ist ja ein Begriff, der gerade viel verwandt wird.

00:05:00: Und in der Tat sehen wir auch doch viele Menschen.

00:05:05: die auch in ihrer Kindheit schon unter Deprivation gelitten haben oder unter Trennungen gelitten haben oder unter der Gewalt ihrer Eltern, unter der Krankheit ihrer Eltern, unter dem Alkoholismus ihrer Eltern.

00:05:17: Ich will nicht sagen, dass immer nur die Eltern schuld wären, gar nicht.

00:05:21: Aber diese frühen Erfahrungen spielen doch eine Rolle.

00:05:25: Auch, dass infektiöse Kinder nur hinter der Glasscheibe von Weiten besucht werden konnten oder dass Kinder verschickt wurden.

00:05:34: die heime in den es ja oft leider manchmal grausam und missbräuchlich zugegangen ist und sie keinen kontakt hab hatten zu den eltern.

00:05:43: und das war alles ganz normal in den fünftiger in den sechziger jahren.

00:05:48: und wir sprechen dann noch nicht von diesen ganzen traumatisierungen die zum beispiel in der ddr zeit den kindern widerfahren sind die da auch in heimerziehungs pflege gegeben wurden und dort zum teil auch sehr grausam Erfahrung machen muss.

00:06:05: Und jetzt ist es ja so, Sie haben es gerade angesprochen, die Eltern, dass es ein großes Thema ist, jetzt wird ja auch wieder zu geforscht, dass Traumata ja auch weitergegeben werden können.

00:06:12: Können Sie das auch bestätigen oder sehen Sie das in Ihrer täglichen Arbeit?

00:06:16: Wir sehen jetzt schon lange in unserer täglichen Arbeit und haben zum Glück vor etwa zwanzig Jahren, hat eine kanadische Wissenschaftlerin die erste Publikation dazu gemacht, wie traumatische Erfahrungen in dem ablesen unserer Gene, eine genetische Veränderung verursacht, also diese Messenger RNA, so heißen diese Botenstoffe, die die Gene ablesen, die erfahren durch Traumatisierung eine Veränderung, dann werden bestimmte Sequenzen nicht mehr abgelesen und das Stress-Antwort-System leidet darunter, also dem wird richtig schaden dadurch zugefügt, dass die Zellen, die ja ständig in unserem Körper ersetzt werden, dass die dann anders ersetzt werden.

00:07:02: Das heißt, dann wird die Rezeptoren-Dichte eine andere und das ganze Stress-Antwort-System funktioniert nicht mehr so gut.

00:07:08: Das kennen wir aus der eigenen Erfahrung.

00:07:11: Wenn man mal viel Stress erlebt hat, dann ist man erstmal empfindlicher.

00:07:15: Dann kann man das nicht mehr so gut vertragen, wenn weiterer Stress dazu kommt oder weitere Traumatisierung dazu kommt.

00:07:21: Jetzt diese Veränderung von diesem Messenger RNA, von dieser Ablesefunktion, die wird in der Tat weitergegeben an die nächste oder auch übernächste Generation.

00:07:30: Die gute Nachricht daran ist, dass das ein Endstück, was da hochklappt, quasi von der Eiweißstruktur, Wenn man eine gute Erfahrung, Lebenserfahrung macht, auch in der zweiten oder dritten Generation, wenn man darüber psychisch arbeitet, wenn man es verarbeiten kann, dann kann das auch wieder runterklappen, sodass man eigentlich sozusagen diese genetische Veränderung durch eine positive Erfahrung, durch eine korrigierende Erfahrung auch wieder rückgängig machen kann.

00:07:59: Also wir sehen transgenerationale Traumata, was manchmal auch sehr wichtig ist für die Betroffenen, weil jeder, wenn sozusagen das Gefühl hat, mit ihm stimmt irgendwas nicht oder ist irgendwie beeinträchtigt, jeder denkt erst mal, ich bin verkehrt, ich bin falsch.

00:08:15: Wenn man dann aber ein Erklärungsmodell hat, dass man weiß, der Großvater war ein Krieg, oder die Großmutter war nicht rechtzeitig weg, als die Russen kamen oder oder oder.

00:08:25: Wenn man dann weiß, dass es in der Familie viel Belastung gab, dann kann man das viel besser zuordnen und muss sich selber nicht mehr als so verkehrt fühlen oder definieren.

00:08:36: Natürlich kommen ein paar Dinge zusammen.

00:08:38: Zum einen diese epigenetische Weitergabe der Traumata und dann auch das vielleicht die Mütter über einem Stillen.

00:08:47: wenn sie selber traumatische Erfahrungen hatten, nicht nur mehr mit der Zuwendung und mit der Liebe für ihr Kind da sein konnten, wie es eigentlich gedacht wäre oder eigentlich möglich ist.

00:08:57: Und das wiederum ist für den kindlichen Organismus, für die kindliche Psyche sehr verwirrend, irritierend, so dass sich daraus auch schon einen unsicheren Bindungsstil ergeben.

00:09:08: Das ist sehr interessant.

00:09:09: Wir wollen nämlich heute auch über Bindung und Beziehung sprechen.

00:09:12: Und vor allem, was es heißt, wenn man es nicht schafft, eine Bindung aufzubauen oder die Beziehungsfähigkeit im Alltag leidet.

00:09:20: Das heißt jetzt in Liebesbeziehungen, in Freundschaften, im beruflichen Kontext.

00:09:24: Sie haben in unserem Vorgespräch einen sehr, sehr schönen Satz gesagt, nämlich Herzensbildung ist so wichtig.

00:09:29: Unsere Aufgabe ist es, das herzfrei zu machen.

00:09:32: Was verstehen Sie denn darunter?

00:09:34: Ich glaube, das ist sozusagen die Lebensaufgabe.

00:09:37: die uns allen gestellt wird.

00:09:39: Wie schaffen wir es, dass wir diese Beziehungsfähigkeit, die wir haben?

00:09:44: Wie schaffen wir die weiterzubilden und die nicht versiegen zu lassen, trotz vielleicht Enttäuschungen, trotz Traumatisierung, trotz misslichen Erfahrungen, die wir machen?

00:09:54: Wie schaffe ich es dann wieder aus diesem Schutz?

00:09:58: aus diesem Misstrauen, was dort erwächst, wie schaffe ich es da wieder rauszukommen, damit ich dann heute und morgen vielleicht die Möglichkeiten, die einem das Leben so bietet, also die Begegnungen, die man hat, die Aufgaben, die einem gestellt werden, dass wir die wieder mit vollem Herzen machen können, wieder den mit vollem Herzen begegnen können.

00:10:20: Alles andere ist schwierig.

00:10:21: Wir kennen wahrscheinlich alle Menschen, die das... nicht schaffen oder die den Weg dahin nicht finden, die sich dann irgendwie abmelden, emotional, die vielleicht das Trinken anfangen, die sich in die Einsamkeit flüchten, die verbittern.

00:10:40: Es gibt... Sozusagen postuliertes Krankheitsbild, das heißt die Verbitterungsstörung.

00:10:46: Da gibt es ein richtiges

00:10:47: Bild.

00:10:48: Das ist nicht im offiziellen Kanon der ICD-Zähnen Krankheiten aufgenommen, aber es gibt diesen Symptomkomplex von Menschen, die verbittert sind und die irgendwie nicht mehr den Weg zurückfinden, hin in eine Gemeinschaft, hin in das Gefühl von Verbundenheit, in das Gefühl von ... Geborgenheit, das Gefühl von tiefen Vertrauen, was wir Erwachsene übrigens wahrscheinlich genauso brauchen wie Kinder das brauchen.

00:11:17: Kinder brauchen natürlich noch viel mehr, weil die entwickeln erst ihren Bindungsstil, ihre Beziehungsfähigkeit.

00:11:25: Aber es ist ja nicht so, dass man das vielleicht einmal hat und dann nie wieder verliert, sondern wir müssen glaube ich immer wieder drum und uns darum kümmern, das auch pflegen, damit wir unser Herz offen halten, damit wir Beziehungen eingehen können oder damit wir die Beziehungen, die wir haben, auch weiterführen können, pflegen können, vertiefen können.

00:11:48: Dafür ist eine intensive... Behandlungen, intensive Psychotherapie, hilfreich, weil wir in der Psychotherapie in der Lage sind, den Leuten einen Weg aufzuzeigen und sie zu begleiten, wie man diese schwierigen Erfahrungen im Leben verarbeiten kann.

00:12:08: Warum hat denn jemand Probleme damit Beziehungen aufzuwarten und ein anderer nichts?

00:12:13: Sie haben ja schon im Vorgespräch gesagt, die ersten drei Jahre sind ziemlich entscheidend, was das angeht.

00:12:19: Und genauer gesagt ist es sogar das erste Lebensjahr, in dem so die ersten Bindungserfahrungen gemacht werden von Menschen.

00:12:30: Das ist... Auch sehr gut erforscht.

00:12:33: John Bolby, Mary Ainsworth, die dieses Bindungserfahrungen in dem ersten Lebensjahr untersucht haben.

00:12:41: Und sie müssen sich vorstellen, jeder Mensch kommt auf die Welt.

00:12:44: und der Organismus hat erst mal die Frage, ich meine, das Baby doch nicht, weil das Gehirn noch nicht so weit ist, aber der Organismus hat irgendwie die Frage, überlebe ich diese Veranstaltung?

00:12:55: Und das heißt... Wer hilft mir, wenn ich Hunger habe, wenn Gefahr droht, wenn es zu kalt ist, wenn ich Schutz brauche, Sicherheit brauche und Kinder müssen, um sozusagen Vertrauen zu entwickeln, müssen sie diese Erfahrung machen.

00:13:12: Da gibt es jemanden.

00:13:13: Also, da gibt es eine seinfühlige Bezugspersonen, die in der Lage ist, meine Angst mir zu nehmen, indem sie mich schützt, indem sie mir zu Essen gibt, indem sie mich mich zudeckt, wenn es kalt ist, indem sie mir eine Geborgenheit gibt.

00:13:30: Feindschülig deswegen, das ist ein ganzes Konzept von der Frau Ernst, was entwickelt, dass diese Bezugspersonen in der Lage ist prompt, adäquat und mit Liebe zu reagieren.

00:13:45: Und wenn das der Fall ist, dann macht das Baby die Erfahrung, aha.

00:13:51: Ich brauche nicht so viel Angst haben, weil da ist jemand.

00:13:53: Mir fällt sofort was ein, dieses, was man früher gemacht hat, das schreien lassen.

00:13:57: Ja.

00:13:57: Ist das ein Beispiel dafür?

00:13:59: Ja, es kommt aus der schwarzen Pädagogik, die auch noch den Muttern geraten hat, die Kinder im ersten Lebensjahr eng zu wickeln und in die Ecke zu stellen, möglichst abzuschirmen, also zu legen, möglichst abzuschirmen, für das Bindungssystem katastrophal.

00:14:18: Katastrophal.

00:14:21: Die Babys brauchen diese Erfahrung, dass die Ängste sie nicht überschwemmen, weil wenn die Ängste sie überschwemmen, dann hat der Organismus eigentlich nur noch die Möglichkeit sich zuzustellen, zu erstarren.

00:14:34: Und der Mechanismus ist prägend, also der wird dann auch später in einer gewissen großen Wahrscheinlichkeit die Menschen durch das Leben begleiten.

00:14:45: Wenn diese feinfühlige Versorgung Betreuung des Kindes stattfindet, wenn also das Baby die Erfahrung macht, ja, da gibt es jemand, wird es mit der Zeit diese Kompetenz selber entwickeln, sich zu beruhigen.

00:15:00: Und das Baby macht nicht nur die Erfahrung, da gibt es jemand, das ist nicht nur eine passive Erfahrung, sondern das Baby, die können von Anfang an sozusagen das Initieren, das die Betreuungspersonen.

00:15:12: kommt und ihnen hilft.

00:15:14: Das ist ein sehr aktiver Prozess.

00:15:16: Ich habe selber mal, ich habe angefangen als Kinderarzt zu arbeiten und war auf einer neugeborenen Station, neugeborenen Intensivstation dann auch.

00:15:25: Und es war unglaublich berührend zu sehen, wie auch schon die Frühgeborenen es schaffen durch die Art und Weise, wie sie sich bewegen, wie sie einen anschauen, wie sie sich dem zuwenden, also so diesen Betreuungs- und Versorgungsimpuls bei Menschen zu wecken.

00:15:39: Und natürlich erst recht bei der Mutter oder meinem Vater.

00:15:42: Wie sie darauf reagieren, wenn man lächelt.

00:15:44: Wie sie darauf reagieren, wenn man über die Haut streicht.

00:15:47: Wie sie darauf reagieren, wenn man summt.

00:15:49: Oder sie wiegt diese Kinder.

00:15:51: Also diese Resonanz, die... Diese Kinder dann haben oder die man selber dann auf diese kleinen Babys hat, ist enorm.

00:16:01: Also was da schon an Fähigkeit ist, dafür zu sorgen, dass diese Bezugsperson auch wirklich da ist.

00:16:07: Sie machen das ein Jahr lang.

00:16:08: In diesem ersten Lebensjahr, die Kinder werden immer mehr die Kompetenz erwerben, selber diese Angst zu regulieren.

00:16:17: Also diese Angst überlebe ich die Veranstaltung.

00:16:21: Die zweite Angst, die Kinder haben, ist die werde ich geliebt.

00:16:26: Ist das nicht dasselbe?

00:16:28: Nein.

00:16:28: Okay.

00:16:30: Nein, sondern das ist noch mal eine Stufe reifer, sozusagen die Frage.

00:16:36: Aber die ist genauso wichtig, nämlich wenn ich nicht gemocht werde, dann zieht die Gruppe vielleicht weiter und lässt mich zurück und das ist dann ebenfalls gefährlich.

00:16:48: Teil der Gruppe sein.

00:16:49: Ich muss mich sicher fühlen, dass ich verbunden bin, dass ich in der Gemeinschaft bin, dass ich gemocht werde, dass ich geliebt werde.

00:16:55: Und auch das auch da finden Prägungen statt, die diesen Bindungsstil dann beeinflussen.

00:17:04: Wie

00:17:04: merke ich jetzt als Baby, dass ich geliebt werde und nicht nur versorgt werde?

00:17:08: Ja,

00:17:08: Sie merken das.

00:17:09: Das Baby merkt das.

00:17:12: Merkt es total.

00:17:14: Und merkt es sich

00:17:15: auch.

00:17:15: Sie haben mir gerade gesagt, dass sich das bis ins Erwachsenenleben dann im Ziet, wenn man das Kümmern nicht erlebt hat oder die Liebe in den frühen Jahren nicht erlebt hat.

00:17:25: Wie merkt denn ein erwachsener Mensch, wenn er reflektiert ist oder wenn er dann in eine Psychotherapie geht, dass ihm das gefehlt hat?

00:17:32: Was sind denn die Symptome, die dann später auftreten?

00:17:36: Lassen Sie mich kurz ausholen, weil ... Der Zwischenschritt ist der, dass die Erfahrung, wenn sie den Stadtsinnett in den ersten Lebensjahren zu einem sicheren Bindungsstil führt.

00:17:47: Die Menschen werden später die gleichen Schwierigkeiten oder sagen wir mal Irrungen und Wirrungen haben in Beziehungsleben wie andere auch, aber sie werden... sich nicht so verunsichern lassen.

00:17:58: Auch in Beziehungen werden sie sich nicht so verunsichern lassen, da es vielleicht ein Nein vom Partner völlig akzeptabel, weil der halt gerade irgendwie anders ist.

00:18:08: Und die Menschen werden das nicht auf sich beziehen.

00:18:10: Wir werden nicht denken, ob ich falsch oder vielleicht nicht liebenswert bin.

00:18:14: Die werden sich nicht verunsichern lassen, wenn in Beziehungen Dinge stattfinden, die für sich schwierig sind.

00:18:23: Oder auch durch Konflikte werden sie sich nicht aus der Bahn lassen.

00:18:28: Auch Trennungen werden sie leichter verarbeiten können.

00:18:31: weil das nicht so tief in dieses Selbstbild oder das Selbstbewusstsein eingreift.

00:18:39: Diese Frage bin ich dann wirklich gemocht, bin ich liebenswert.

00:18:42: Oder gar, und das tritt bei den Menschen auf, bei denen diese existenzielle Angst nicht beruhigt worden ist, die dann ganz schnell in irgendwelche existenziellen Ängste als Erwachsene auch fallen.

00:18:55: Unter Umständen zum Beispiel, wir sehen das jetzt in dem Beispiel, die sich mit Partnern zusammen tun, die frinken oder die gewalttätig sind oder so, die manchmal Schwierigkeiten haben, diese Beziehung zu verlassen, obwohl sie toxisch ist, obwohl sie ganz klar destruktiv ist.

00:19:15: Hintergrund könnte sein dann bei denen, dass sie in solche frühkindlichen existenziellen Äxte geraten, dass sie das in Kauf nehmen, nur damit sie nicht verlassen werden.

00:19:26: Weil man fragt sich das ja wirklich.

00:19:27: Es sind ja oft auch sehr kluge Frauen.

00:19:29: Also das gibt es ja auch in allen sozialen Schichten.

00:19:34: in Beziehung oder dass Frauen in Beziehungen bleiben, die nicht gut für sie sind.

00:19:37: Und man fragt sich immer, warum.

00:19:39: Aber ja, so wie Sie das gerade erläutert haben, dass die Angst vorm Verlassen werden, ist einfach dann doch zu groß.

00:19:44: Genau.

00:19:45: Und das ist dann sozusagen ein viel stärkeres Motiv, da zu bleiben, als die alle Freundinnen sagen, wie kannst du nur?

00:19:54: Du kannst nicht mit denen zusammenbleiben oder so was.

00:19:57: Trotzdem ist die innere Überzeugung, ich darf da nicht weg, sonst bin ich verloren.

00:20:02: Und was spielen denn andere Faktoren für eine Rolle, wenn das Kind vielleicht schon älter ist?

00:20:06: Sagen wir jetzt mal Scheidung der Eltern.

00:20:08: Oder ein Elternteil verlässt die Familie von heute auf morgen.

00:20:12: Oder man lebt in einem Haushalt mit Eltern, die sich ständig streiten.

00:20:17: Oder die selber eine toxische Beziehung führen.

00:20:19: Das wird ihr dann wahrscheinlich auch zu solchen Bindungsängsten führen.

00:20:25: Na ja, sie haben sozusagen die meisten der Gründe auch schon genannt.

00:20:30: in der Tat, spielt jetzt eine große Rolle, welche Erfahrungen mache ich selber als kleines Kind, aber dann auch was sehe ich eigentlich bei anderen?

00:20:39: und wie es in der Familie, also es gibt natürlich Familien, in der Gewalt eine Rolle spielt und das prägt natürlich... die Kinder sehr stark, auch wenn sie selber gar nicht betroffen sind.

00:20:52: Aber wenn sie mitkriegen, wie zwischen den Eltern, Streit nicht konstruktiv gelöst wird, sondern entweder durch Nichtsprechen gelöst, Anschein gelöst wird oder aber auch durch Macht oder durch Gewalt oder auch durch kurzfristiges, was, was ich, dann aus der Beziehung rausgehen und wieder reinkommen oder sowas.

00:21:14: Das wird natürlich sehr stark schon auch die eigene Vorstellung.

00:21:19: prägen, wie ist das wohl Beziehungen zu haben und was kann ich tun, was muss ich erwarten.

00:21:24: Das will ich auf keinen Fall.

00:21:26: Wir haben oft Patienten, die berichten, wie das zu Hause war und die sich geschworen haben, dass sie so nie werden.

00:21:34: Auch welche, die sozusagen ganz abgeschworen haben davor, weil sie sich einfach nicht vorstellen können, in eine Beziehung zu gehen, weil sie dieses Bild zuvor Augen haben, wie die Eltern miteinander umgegangen sind.

00:21:45: Also die auch den Glauben so ein bisschen an diese Liebe verloren haben?

00:21:48: Die, die sich nicht vorstellen können, dass man in einer Beziehung, in der es eben auch konflikthaft ist, wie mehr in allen Beziehungen, die länger sind, dass das einem wirklich was geben kann oder dass man sich da wirklich sicher fühlen kann, trotzdem sicher fühlen kann.

00:22:06: Und können diese Menschen überzeugt werden?

00:22:08: Nein, es ist keine Überzeugung, sondern es ist eher ein innerer Prozess, indem sie das verarbeiten, was das... bei ihnen hinterlassen hat, an Prägung, an Emotionen, an Misstrauen, an Kroll, an Schmerz, an Trauer.

00:22:22: Und diese Verarbeitung, ja, die kann dazu führen, dass man das innerlich sozusagen dann wirklich den Eltern wieder zurückgeben kann und es da lassen kann, wo es auch hingehört, nämlich in die Beziehung zwischen den Eltern.

00:22:34: Und man sich Stück für Stück davon befreit zu denken, dass das einem auch blüht, wenn man selber in Beziehung geht.

00:22:44: ist ja nicht nur Leute, die dann keine Beziehung deswegen aufnehmen, sondern auch Leute, die in Beziehungen sind und auch da sich so verhalten, wie sie denken, dass man sich eben verhalten muss oder auch keine anderen Bilder im Kopf haben von sich oder kein anderes Selbstverständnis auch haben.

00:23:00: Auch das lässt sich in der Therapie verändern, indem man eine neue Perspektive einnimmt.

00:23:05: Und

00:23:05: was mache ich jetzt als Partnerin oder Partner, wenn ich sehe mein Gegenüber?

00:23:11: Da trägt zu viel mit von der Familie und ist vielleicht von unserer Beziehung nicht überzeugt oder kann gar nicht daran glauben.

00:23:18: wiederholt die Muster, die die Eltern gemacht haben.

00:23:21: Man kann ja niemanden zu einer Psychotherapie zwingen.

00:23:24: Was kann man denn tun?

00:23:26: Was haben sie da für Erfahrungen?

00:23:28: Oder es kann ja auch ein Freund sein, der das sieht oder ein Familienmitglied.

00:23:31: Der einfach sagt, hey, du musst da jetzt mal ran.

00:23:33: Du musst sich da mal darum kümmern.

00:23:36: Was hat man für eine Chance als Außenstehender?

00:23:38: Ja, ja, ja.

00:23:40: Die Antwort ist nicht einfach.

00:23:42: Weil sie können ja andere Menschen nicht verändern.

00:23:45: Das ist das Kredo der Psychotherapie, dass man bei sich selber schauen muss und sozusagen den Zeigefinger drehen muss und auf sich selber richten.

00:23:57: Wir haben manchmal Patienten, die zu denen wir dann sagen, also wenn der Mann so schlimm ist, warum schicken sie den nicht?

00:24:04: Natürlich mit dem Wissen, dass sie ihn gar nicht schicken kann.

00:24:08: vielleicht gar nicht die Notwendigkeit sieht.

00:24:10: In guten Partnerschaften, also wir bringen uns natürlich alle mit, mit unserer Geschichte, egal in welche Beziehung wir gehen.

00:24:17: Und in guten Partnerschaften ist es möglich, sozusagen diese Überbleibsel aus diesen frühen Prägungen, aus diesen frühen Rollenmustern, die man da ein und diesen Rollen, die man einnimmt und die Löcher, die man vielleicht hat, die Schmerzhaften in der Beziehung.

00:24:32: Das nennt die... Ich stockte deswegen, weil es gibt natürlich auch die, dass man dann erst mal denkt, vielleicht kann der Beziehungspartner das füllen, was einem da fehlt.

00:24:44: Und das ist, glaube ich, auch zum Guteil der Fall, dass es so ist.

00:24:49: Es darf, glaube ich, nicht der einzige Aspekt werden in der Beziehung.

00:24:53: Sonst ist es keine Beziehung auf Augenhöhe und zwischen Erwachsenen, sondern quasi wieder zwischen einem Kind und einem Elternteil.

00:25:00: Und das ist für eine Beziehung nicht gut.

00:25:02: Aber das, wie ihr sozusagen Phasen oder in bestimmten Punkten auch dieses mit in die Beziehung reinbringen und vielleicht uns auch ein Stück heilen können, dafür dass wir eine andere Erfahrung diesmal machen als das letzte Mal.

00:25:16: Ich glaube, das ist normal, das beste Werke, wenn das gegenseitig der Fall ist.

00:25:20: Also wenn sozusagen der Partner auch mit seinen ungelösten Themen sich einbringen kann.

00:25:30: Also was heißt einbringen?

00:25:31: Das ist ja nicht so, dass alle über das dieses Reflexionsvermögen verfügen, um dann zu sagen, übrigens, ich habe da aber mein Thema aus meiner Biografie, das ist schwierig und das würde ich jetzt gerne mal mit dir lösen oder sowas.

00:25:44: Sondern es passiert, es passiert in Beziehung.

00:25:47: Und wenn dann sozusagen Paare es schaffen, sich da gegenseitig zu unterstützen und dann aber auch immer wieder auf so eine Ebene zurückkommen, in der man... auf Augenhöhe miteinander erwachsen, darüber wieder in Verbindung kommt und im Idealfall vielleicht sogar tatsächlich es schafft, einen kleinen Abstand zu den Geschehen zusammen einzunehmen und sogar darüber sprechen kann.

00:26:11: Dann kann man das in der Tat, in der Beziehung lösen und da kann natürlich der Außenstehende, es ist ja nicht in dem Fall, sondern ist der Beziehungspartner, der kann dann sagen, was ist da, da fällt mir immer wieder auf.

00:26:23: Können wir mal uns zusammen überlegen, weil das ist was, was ich so nicht erwarten würde, dass du auf einmal manchmal so bist wie ein Kind.

00:26:35: Und ich nehme dich so gerne in die Arme und schenke diese Geborgenheit.

00:26:39: Aber ich habe das Gefühl, dann kommst du manchmal gar nicht mehr raus.

00:26:43: Dann kann man vielleicht anfangen, darüber ein Gespräch zu führen.

00:26:48: Oder das andersherum.

00:26:52: man zum Partner sagt, ich krieg mit, dass du abends, wenn es dir nicht gut geht, dann gehst du lieber in die Kneipe und trinkst einen.

00:27:00: Das passt irgendwie nicht, nicht zu unserer Liebe irgendwie.

00:27:03: Was machst du da?

00:27:05: dann man vielleicht anfängt, über diese Dinge ins Gespräch zu kommen.

00:27:09: Und dann vielleicht, und wenn das ein feinfülliger Partner ist oder einer, der auch wirklich sich darauf einlässt und das ernst nimmt, was seine Partnerin ihm sagt, dann wird er vielleicht auch zugeben, dass er das gar nicht kennt, sich an jemanden zu wenden, wenn man Stress hat, sondern das lieber alleine mit sich ausmacht.

00:27:25: Und wenn man das dann weiterführt, vielleicht schafft er es so, dann das zu überwinden und sich anders zu verhalten oder man motiviert.

00:27:34: ihn vielleicht wirklich mal sich Hilfe zu suchen, damit er aus diesem Automatismus rauskommt, der ihn eher dann in Richtung Alkohol und Alleinsein und Rückzug treibt, als dass er sich jetzt anvertraut und sagt, ich hatte jetzt so einen Stress und mehr geht es eigentlich Hunde elend und irgendwie brauche ich was und ich weiß aber nicht, wie ich das organisieren kann oder was ich da machen kann für mich.

00:27:58: Und wenn ein Paar jetzt gewählt ist?

00:28:00: das anzugehen und der andere nicht, dann kann ich mir vorstellen, ist das auch auf Trennungsgrund?

00:28:05: Das ist so.

00:28:06: Wir, die Patienten in die Klinikum, wir bieten regelmäßig paar Gespräche an.

00:28:12: Die Sinn haben, dass sie die Patienten ihren Partner mit ins Boot nehmen und auch ein Stück erklären, weil sie sich ja weiterentwickeln.

00:28:22: In der Beziehung ist es immer gut, wenn sozusagen der Partner die Partnerin auf eine Chance hat, dann mitzukommen oder auch für Sichtthemen dann zu erlösen oder zu anzugehen.

00:28:33: erstmal, weil sonst ja auch da eine Diskepanz entsteht, die vielleicht auf Dauer dann Schwieriges zu leben.

00:28:39: Im guten Fall lässt sich der Partner anstecken.

00:28:43: Ja, das wäre der Optimalfall.

00:28:45: Und wenn wir jetzt mal weg von den Liebesbeziehungen gehen und hin in den beruflichen Alltag, Sie haben ja am Anfang auch Burnout angesprochen.

00:28:51: Also es ist wohl auch ein Krankheitsbild, das Sie ja hier behandeln.

00:28:55: Und ich glaube, jeder kennt es.

00:28:57: Jeder kennt es auf der Arbeit.

00:28:59: Manche Menschen stecken Stress schlechter weg oder werden emotionaler in Diskussionsrunden oder in Meetings.

00:29:08: Und man denkt sich manchmal, was ist da los mit dieser Person oder vielleicht bin ich es auch gerade selber, die die Emotionen nicht zurückhalten kann.

00:29:15: Hat es genauso zu tun mit dem, was wir früher erfahren?

00:29:18: Also lässt sich das genauso übertragen wie auf Liebesbeziehungen?

00:29:22: Natürlich ist der Bindungsstil, die Bindungserfahrung, die man gemacht hat, die wirkt sich später in allen Beziehungen aus.

00:29:30: Und natürlich nicht genauso wie in einer Liebesbeziehung oder in Freundschaften, aber sie wirkt sich natürlich auch aus auf die Beziehungen, die wir in der Arbeit haben.

00:29:40: Also ist man in der Lage, Konflikte anzusprechen.

00:29:46: Ist man in der Lage zu sagen, was man gerne möchte oder nicht.

00:29:50: Ist man in der Lage, wenn es mal nicht geht, darüber zu sprechen, seine Grenzen vielleicht anzulesen und sie den, den die auch auszudrücken?

00:30:00: Ist man in der Lage, seine Wertschätzung auszudrücken?

00:30:06: Kann man sich mit anderen Menschen verbinden, damit es eine Arbeitsgruppe gibt, damit es eine gute Zusammenarbeit gibt?

00:30:12: Wie geht man mit?

00:30:14: Reibungsverlusten bei Schnittstellen.

00:30:17: Ich würde mal behaupten, dass die meisten Schwierigkeiten in Betrieben entstehen, weil es keine gute Kultur der Zusammenarbeit gibt und weil die Menschen ihre Fähigkeit mit anderen an den Pakt einzugehen, eine Verbindung einzugehen, also eine Gruppe.

00:30:34: Verbundenheit zu erstellen, weil die nicht ausgeprägt ist oder weil sie vielleicht sonstige Gründe haben, sich dem eher zu verweigern oder sich zurückzuziehen oder weil sie Angst haben, dass sie verlieren könnten, sie Angst haben, vielleicht abgehängt zu werden, dass sie vielleicht Angst haben, wenn man sie näher kennenlernen, dass man sie dann nicht mehr akzeptiert oder ihnen die Kompetenz abspricht.

00:30:58: All das sind Faktoren, die natürlich eine große Rolle spielen in der Zusammenarbeit, vielleicht auch auch Und insbesondere die Fähigkeit, Mitgefühl für andere zu haben.

00:31:08: Vielleicht ein ungewöhnliches Thema für die Arbeitswelt, aber ich glaube ein ganz zentrales.

00:31:12: Es kommt jetzt auf

00:31:13: uns.

00:31:13: Ganz zentral, also auch wenn ich bei Kunden bin oder wenn ich bei meinen Kollegen bin oder bei meinen Mitarbeiterinnen oder bei meinen Vorgesetzten oder so, kann ich mich... habe ich sondern dieses Thema Perspektivwechsel.

00:31:30: Also kann ich mich in die Schuhe des anderen Stellen und anerkennen, welche Anliegen der hat, vielleicht welche Anforderungen er hat, unter welchem Stress er steht oder sie steht, in welcher Not sie ist.

00:31:44: Also kann ich das sozusagen mit einbeziehen in unsere Kommunikation, in unsere Zusammenarbeit oder kann ich das nicht?

00:31:51: Wenn der andere in Not ist oder die andere, meine Arbeitskollege, meine Arbeitskollegende, kann ich mit Mitgefühl darauf reagieren oder muss ich mich?

00:32:01: distanzieren oder denke ich vielleicht sogar ja dann habe ich eine Konkurrentin weniger oder wie auch immer.

00:32:10: also das spielt alles alles eine große Rolle und ich würde mal sagen dass also wir wissen dass die Leistungsfähigkeit, die Arbeitszufriedenheit, das Wohlbefinden am Arbeitsplatz ganz entscheidend von den beruflichen Beziehungen abher.

00:32:22: Es gibt gute Untersuchungen, wie schön, wie sehr vertraue ich mir am Vorgesetzten, dass das der eigentliche Grund für die berufliche Belastung ist, wenn dieses Vertrauensverhältnis nicht stimmt.

00:32:34: Die eigentliche Arbeit.

00:32:35: landet dann auf Platz dreiztends an den Belastungsfaktoren oder sowas.

00:32:39: Das Wichtige sind eigentlich diese zwischenmenschlichen Faktoren.

00:32:43: Beispiel in einem Kollegium in der Schule komme ich rein und alle starren auf ihren Schreibtisch und keiner sagt Hallo.

00:32:50: Oder ich komme rein und die Leute gucken mich an und lächeln.

00:32:56: Ich vergleiche das.

00:32:57: wie mit dem Rückenwind oder Gegenwind beim Fahrradfahren.

00:33:02: Beim Fahrradfahren denkt man manchmal, man strampelt, strampelt, strampelt und kommt nicht voran.

00:33:06: Warum eigentlich?

00:33:08: Bis man irgendwie auf die Gräser schaut nebenan und sieht, dass man die ganze Zeit gegen den Gegenwind fährt.

00:33:15: Und das für einen Unterschied macht es, wenn man fährt und es geht wie von alleine.

00:33:22: weil man Rückenwind hat.

00:33:23: Und so ist es eigentlich mit den sozialen Zusammenhalt in einer Arbeitsgruppe oder in einem Kollegium, dass man mit viel mehr Energie, mit viel mehr Kraft, mit viel mehr Schwung im Grunde seine Aufgaben bewältigen kann, wenn man diesen Rückenwind hat.

00:33:40: Angenommen ich übernehme jetzt ein Team mit fünf Personen.

00:33:43: Was kann ich tun als neue Führungskraft, damit ich genau das schaffe?

00:33:47: Also zunächst mal, glaube ich, ist es... wichtig allen deutlich zu machen, mit welchen Regeln sie arbeiten wollen.

00:33:56: Und Regel Nummer eins könnte sein, wenn es irgendwo eine Störung gibt, bitte sprecht das an.

00:34:03: Also die Tür zu

00:34:04: öffnen.

00:34:05: Ja, sich zu öffnen.

00:34:09: Auch explizit zu machen, dass man gerne Rückmeldungen haben möchte.

00:34:13: Und das kann man eben institutionalisieren durch regelmäßige Mitarbeitergespräche.

00:34:20: Es ist sehr entscheidend in den gemeinsamen Treffen, wie man mit Anforderungen umgeht, wie man mit Fehlern umgeht, Fehlerkultur.

00:34:29: Also ob man die Erhaltung vermittelt, dass wir aus Fehlern lernen wollen, dass Fehler willkommen sind, weil sie uns aufzeigen, wo wir besser werden können oder Fehler in alter Manier abgekanzelt werden, so dass sich keiner mehr traut, was zu sagen.

00:34:45: Im Grunde ist es eigentlich das Wertesystem, was da eine Rolle spielt.

00:34:51: Welche Werte wollen wir denn leben in unserer Zusammenarbeit?

00:34:55: Also spielt Transparenz eine Rolle, spielt Aufrichtigkeit eine Rolle, spielt das Mitdenken für andere eine Rolle?

00:35:02: Oder wird belohnt, wer die Ellbogen aus Wert mal ganz banal ausgesprochen hat?

00:35:12: Mit welchen Werten wollen wir arbeiten?

00:35:15: In jedem beruflichen Kontext gibt es unausgesprochene Regeln und man tut sich gut daran, wenn man diese Regeln versucht zu fassen und dann auszusprechen und auch zusammen zu erarbeiten.

00:35:33: Was wollen wir denn?

00:35:34: Wie wollen wir denn zusammenarbeiten?

00:35:36: Immerhin verbringen wir in der Arbeit wahrscheinlich mehr Zeit als mit unseren Partnern oder als irgendwo in unserem Leben.

00:35:46: Also das ist so ein total wichtiger Bereich, in dem wir Sorge tragen sollten dafür, dass es uns gut geht.

00:35:52: Und dieses Wohlbefinden, früher hat man ja weicher Faktor dazu gesagt, ist völlig überholt.

00:35:57: Weil es ganz hart ist dieser Faktor.

00:35:59: Also den kann man in Dollar messen.

00:36:01: In Euro kann man den ausrechnen.

00:36:03: Was es bedeutet, wenn Menschen zwar anwesend sind, aber ihre Engagement nicht mehr haben, keine Motivation mehr haben.

00:36:13: Sie müssen sich vorstellen, der Kern aller Motivation ist diese zwischenmenschliche Verbundenheit.

00:36:20: Das ist so tief in unsere Gene eingebastelt, so tief drin verankert, weil wir Menschen wahrscheinlich als Spezies gar nicht überlebt hätten, wenn wir nicht diese Fähigkeit entwickelt hätten, komplexe Aufgaben in der Gruppe zu lösen.

00:36:35: Weil wir sind nicht die schnellsten Tiere auf der Welt, wir riechen auch nicht am besten.

00:36:41: Wir haben ein großes Gehirn, das aber nicht nur zum Denken da ist, sondern auch zum Fühlen.

00:36:48: Also auch für diese Fähigkeit und die Empathie hatte ich schon angesprochen, weil das ist vielleicht sogar die zentrale Fähigkeit, weil sie uns in die Lage versetzt, uns mit anderen Menschen zu verbinden.

00:36:59: Das heißt, wenn ich eine Kollegin habe, die auch öfter mal kularisch ist oder die mal, ja, sage ich jetzt mal, Brüche raushaut, die ich jetzt nicht angebracht finde, eher lieber freundlich bleiben.

00:37:10: als da jetzt in die Konfrontation zu gehen oder wenn man in die Konfrontation geht, das freundlich und höflich und bestimmt macht.

00:37:18: Ich glaube, ich würde frühzeitig reagieren.

00:37:20: Das ist immer der Schlüssel, dass man nicht so lange zu wartet, nicht so lange, bis der Brass so groß ist, dass man nicht mehr freundlich sein kann.

00:37:27: Ja.

00:37:28: Und dann würde ich konfrontieren.

00:37:30: Und zwar warum.

00:37:32: Wie macht man das?

00:37:36: Schade, dass wir keine Bildaufnahme haben, weil diese Handbewegung, dass ich einerseits sozusagen einen Stopp

00:37:43: gebe.

00:37:43: Also die Handfläche wie einen

00:37:44: Stopp?

00:37:44: Die Handfläche wie einen Stopp und sage, du bitte nicht in dem Ton, nicht mit mir.

00:37:49: Und das ist warm?

00:37:50: Könnte das nicht sogar eher aggressiv

00:37:52: werden?

00:37:52: Das ist möglicherweise aggressiv dazukommt.

00:37:56: Und ich sage dir das, weil ich... Und meine andere Hand strecke ich jetzt aus.

00:38:02: Ich sage dir das, weil ich will nicht, dass wir uns streiten.

00:38:06: Ich will mit dir zusammenarbeiten.

00:38:08: Ich habe ein Interesse, dass wir eine gute Beziehung haben.

00:38:12: Deswegen spreche ich das an.

00:38:15: Diese Bewegung, dass man einerseits die

00:38:17: Hand

00:38:18: reicht, aber andererseits auch sagt du an der Stelle, du nervst zu tierisch.

00:38:25: Und so kann man das Beziehungsangebot, was da drin liegt, einen anderen zu konfrontieren, kann man so transportieren.

00:38:34: Jetzt kommen wir schon zum Ende unseres Gesprächs.

00:38:37: Wir haben ja schon einiges besprochen.

00:38:38: Ich würde gerne, dass Sie auch ein bisschen noch erzählen können, was Sie denn hier machen an Therapie, wenn man zu Ihnen kommt.

00:38:45: welche Formen es gibt.

00:38:46: Ist es jetzt nur, dass sie miteinander sprechen oder ich habe schon ein bisschen was gesehen.

00:38:51: Es geht ja auch in eine kreative Richtung.

00:38:53: Das Konzept der Klinik ist, dass wir mit ganz unterschiedlichen Angeboten versuchen, den Menschen einen auf ihrem Weg zu helfen, zu mehr Lebensfreude, mehr Selbstbewusstsein.

00:39:09: mehr Handlungskompetenz, Selbstwirksamkeit, sagen wir.

00:39:13: Das ist das Entscheidende für das Selbstwertgefühl, dass man wieder wirksam sich erlebt.

00:39:19: Dass sie spüren, dass sie auch in Beziehungen nicht ausgeliefert sind, sondern dass man auf eine Art in den Wald reinrufen kann, damit man das, was rauskommt, dass das auch positiv ist.

00:39:30: Dass sie wieder in ihre schöpferische Kraft kommen, in ihre Kreativität, vielleicht ein Stück auch.

00:39:36: Wir sagen immer so in ihrer Verrücktheits, weil wir Menschen sozusagen alle so einen unglaublichen Reichtum innerlich haben an neuen Ideen, an Lebensentwürfen, an Lösungen für komplexe, für schwierige Situationen, also dass sie wieder einen Zugang zu diesen Ressourcen bekommen.

00:39:58: Natürlich sprechen wir, es gibt eine intensive Einzel- und Gruppentherapie, wo man ein Verständnis für sich selber entwickelt und wo man kann und wo man dann auch eine Verarbeitung über diese Trauerarbeit, die damit verbunden ist, Dinge loszulassen, leisten kann.

00:40:17: Aber das ist nicht das einzige, sondern wir machen viel über einen kreativen Ausdruck.

00:40:21: Also innere Belastungen können manchmal gar nicht rational erfasst und sprachlich ausgedrückt werden.

00:40:27: sondern die finden sich manchmal wieder in dem, wie die Leute malen oder in dem, wie die Leute tanzen oder in dem, wie die Leute, was sie erleben, wenn sie in der Tour gehen.

00:40:36: oder diesen Ausdruck wieder zu fördern, dass diese Möglichkeit, die Sachen aus dem System rauszubringen und in irgendeiner Form umzusetzen und vielleicht auch kreativ umzusetzen, ist enorm hilfreich.

00:40:50: Manchmal ist es dann auch möglich, das zu nehmen und zu sagen, ja, da ... Mit dem, was Sie dort gemalt haben, was bedeutet das für Sie?

00:40:59: Und in dem Gespräch finden wir raus, wie das die Geschichte erzählt.

00:41:04: Wenn wir unsere Geschichte kennen, dann können wir das einordnen.

00:41:08: Und das ist ein Fundament für unser Selbstwertgefühl, dass wir wissen, woher wir kommen bzw.

00:41:13: wissen, wie sind Dinge entstanden und wie bin ich so geworden, wie ich geworden bin.

00:41:19: Und wenn wir das erkennen und wenn wir das auch bearbeiten, dann können wir uns auch leichter lösen davon und sozusagen eine neue Perspektive einnehmen oder neue Wege gehen.

00:41:31: Was würden Sie dann jetzt als Abschlusssatz unseren Zuhörern und Zuhörerinnen noch mitgeben wollen?

00:41:36: Ja, auf einen Satz einzudampfen wird schwierig werden.

00:41:39: Es dürfen auch zwei oder drei sein.

00:41:41: Was ich gerne mitgeben möchte ist, es ist keine Schande, eine psychische Krise zu haben.

00:41:48: Keiner von uns ist gefeiert und es ist eine unglaubliche Stärke, wenn Menschen es schaffen, in der Krise sich Hilfe zu holen.

00:41:55: Und die, die das schaffen, da sage ich immer zu denen, die hier aufgenommen werden.

00:42:01: Weil die erstmal mit der Sorge kommen, bin ich jetzt irgendwie ein Mensch zweiter Klasse, weil ich ein psychisches Problem habe und ich sage ihnen, nein.

00:42:09: Das seid ihr nicht, sondern ihr seid sogar diejenigen, die den Mut haben, sich Hilfe zu holen und sogar den Mut haben, in eine Klinik zu gehen.

00:42:16: Psychotherapie ist kein Markler, sondern eher im Gegenteil.

00:42:20: Es setzt Dinge in uns frei, es entwickelt Fähigkeiten, es vertieft unser Empfinden, es schult unsere Empathie.

00:42:30: Alles Dinge, die wir vielleicht ohne die Krise und ohne die Bewältigung der Krise in unserem Leben nie kennengelernt

00:42:38: hätten.

00:42:38: Ein wunderschöner Abschlusssatz.

00:42:40: Vielen lieben Dank, Herr Dr.

00:42:41: Walert.

00:42:41: Das war sehr interessant.

00:42:43: Ich glaube, wir hätten noch fünfzig Minuten, sechszig, siebzig weiter reden können.

00:42:47: Aber leider ist die Zeit so knapp.

00:42:49: Ich danke Ihnen für das tolle Gespräch und bin begeistert, was Sie für Ihre Patienten

00:42:55: tun.

00:42:56: Ich danke Ihnen.

00:42:57: Auf Wiedersehen.

00:42:58: Auf

00:42:58: Wiedersehen.

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